Lesarten des heiligen Qurans

Lesarten Qiraat

Die Lesarten sind die unterschiedlichen Möglichkeiten, den Quran zu rezitieren. Ursprung dieser Lesarten ist die Offenbarung des Quran entsprechend einiger hocharabischer Dialekte als Erleichterung für die nicht-quraschitischen Araber.

Die Qiraat gehen auf die Offenbarung zurück. Grund für die Offenbarung des Qurans entsprechend einiger Dialekte war die damalige Situation: die arabische Hochsprache ist – wie das Deutsche – eine Mischung verschiedener Dialekte. Als bester Dialekt galt der quraschitische.

So wurde auch der Quran zunächst nur in diesem Dialekt offenbart. Doch bald nahmen auch Araber anderer Stämme den Islam an, denen es schwer fiel, den Quran in einem ungewohnten Dialekt zu lesen. So bat der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und
ihm Wohlergehen schenken) um eine Erleichterung:

Al-Buchari überliefert: Von Ibn Abbas: der Gesandte Allahs (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte:

„Dschibril las mir den Quran in einigen „Buchstaben“ vor, weswegen ich ihn bat, dies zu wiederholen. Ich bat ihn um mehr und er gewährte mehr bis er bei sieben Buchstaben endete.“

Ibn Schihab (der Überlieferer) sagte: „Ich habe gehört, dass diese sieben dasselbe aussagen, es gibt keine Unterschiede in Halal und Haram.“ Was waren nun diese „Buchstaben“? Es waren verschiedene Methoden, ein Wort zu lesen, entsprechend einiger hocharabischer Dialekte.
Zu Beginn waren viele verschiedene Lesarten zulässig, doch wurden einige gegen Ende der Offenbarung aufgehoben

Beispiele:

اهدنا الصراط المستقيم (Lesart der Mehrheit, bei Hamza und Chalaf wird das ص anders ausgesprochen) اهدنا السراط المستقيم (Qunbul, Ruwais) أرشدنا الصراط المستقيم (Hasan Al-Basri, aufgehoben).

Die ersten zwei Beispiele sind Unterschiede in der Aussprache, die meisten Unterschiede in den Qiraat betreffen Aussprache und Tadschwid. Das letzte Beispiel ist jedoch ein anderes Wort, das jedoch dieselbe Bedeutung hat:
اهدنا führe uns أرشدنا leite uns.

Die Gelehrten lehrten nun nur noch die Lesemöglichkeiten, die nicht aufgehoben wurden – also mit der Quranausgabe Uthmans übereinstimmten. So entstanden die heute noch vorhandenen Lesarten.

Der Unterschied zwischen Lesart (Qiraa) und Lesmöglichkeit (Harf)

Die sieben Lesarten entsprechen jedoch nicht den sieben „Buchstaben“ (Lesmöglichkeiten): Ein Harf – „Buchstabe“ bzw Lesmöglichkeit steht für die Kategorien der Unterschiede (es gibt verschiedene Interpretationen für den Begriff „Buchstabe“), also zum Beispiel: Vergangenheit – Gegenwart, Aussprache einzelner Laute, etc. Eine Qiraa ist hingegen das, was ein Gelehrter als Ganzes überliefert hat, die Tadschwidregeln, die er bevorzugte, sowie die Lesmöglichkeiten, die er gelernt hatte.

Die Unterteilung der Lesarten

Man unterteilt die Lesarten nach der Häufigkeit der Überlieferung in:

  • Muttawatir
  • Ahad
  • Schadh
  • Sieben
  • Zehn
  • Vierzehn

Nach den Überlieferungen in:

  • Kleine Lesarten (القراءات الصغرى)
  • Große Lesarten (القراءات الكبرى)

Mutawatir

Laut dem Imam As-Schatibi gelten sieben Lesarten als Mutawatir:

  • Nafi’
  • Ibn Kathir
  • Abu Amr
  • Ibn Amir
  • Zehn
  • Asim
  • Al-Kisai
  • Hamza

Laut dem Imam Ibn Al-Dschazari gelten noch folgende drei Lesarten als Mutawatir, mit den eben genannten sieben sind es die „Zehn Lesarten“:

  • Abu Dscha’far
  • Ya’qub
  • Chalaf

Ahad

Als weniger häufig – jedoch authentisch – gelten folgende Lesarten, die jedoch aufgehoben, aber noch einige Zeit gelehrt wurden:

  • Al-Hasan Al-Basri
  • Ibn Muhaisin
  • Al-Yazidi
  • Al-A’masch

Alles darüber hinaus ist nur nicht ganz überliefert worden, teilweise sind die Überlieferungsketten auch schwach.

Kleine Lesearten

Jede Lesart wurde mit kleinen Unterschieden in den Tadschwidregeln überliefert, vor allem die Dehnungen sind unterschiedlich. Zu jeder Lesart wurden die zwei stärksten Überlieferungen ausgewählt. Bei jeder Überlieferung lernt man zunächst die Grundregeln im Tadschwid, dies nennt man „die kleinen Lesarten“.

Große Lesearten

Wenn man die Grundregeln gelernt hat, fängt man an, die verschiedenen Möglichkeiten und Varianten im Tadschwid innerhalb einer Überlieferung einer Lesart zu erlernen. Dies nennt man die großen Lesarten, das Werk „An-Naschr fi Al-Qiraat Al’aschr“ fasst die „großen Lesarten“ zusammen.